Seit über 20 Jahren wurde im deutschen Wattenmeer vor einigen Tagen zum ersten Mal ein Walross gesichtet. Das massige und braune an seinem Schnurrbart erkennbare Tier gönnte sich auf der Nordseeinsel Baltrum eine stundenlange Auszeit.
Über mehrere Stunden hinweg schlief der Meeresbewohner im westlichen Teil der Insel auf einer Buhne bzw. einer Küstenschutzanlage.
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Junge Walrosse auf Exkursion
Tierexperten gehen davon aus, dass das Walross zu diesem Zeitpunkt schon mehrere tausend Kilometer zurückgelegt hatte. Schließlich sind die Tiere eigentlich am Nordpol zu Hause.
Im Gegensatz zu heimischen Kegelrobben und Seehunden sind die Walrosse jedoch wesentlich größer und schwerer.
Ursula Siebert als Spezialistin für Meeressäuger an der Tierärztlichen Hochschule Hannover bestätigt, dass die Tiere vergleichsweise weite Strecken zurücklegen können und auch in ihrem arktischen Lebensraum relativ mobil sind. Zum letzten Mal wurde ein Walross im Jahr 1998 an der südlichen Nordsee auf Sylt und Juist gesichtet. Die Wissenschaftlerin weiß, dass die Ausflügler zumeist junge und noch recht abenteuerlustige Tiere sind.
Ein scheinbar gesunder Meeressäuger
Die massige Walross-Dame zog Dutzende an Schaulustigen in den Bann. Das Meerestier hatte an den Vorderflossen zwar einige Hautabschürfungen, wirkte dennoch gesund. Es heißt, dass sich das Walross neugierig einem Angler näherte.
Auf das Bellen eines Hundes reagierte das Walross dann sehr aufmerksam. Ein Boot näherte sich fälschlicherweise ebenfalls dem Tier. Doch das Meerestier suchte nur seine Ruhe. Wie Dünenwart Heinz Ideus berichtete, trat am besagten Tag gegen 12.30 Uhr das Hochwasser ein. Von 13.30 bis 14 Uhr verschwand das Walross wieder. Nun bleibt zu hoffen, dass das Weibchen den Weg nach Hause findet.
Weitere Sichtungen von Walrossen
Seit geraumer Zeit sorgt ein Walross an der Atlantikküste ebenfalls für Aufsehen. Das mittlerweile als „Wally“ bezeichnete Männchen wurde mittlerweile schon in Wales und Irland gesichtet. Es existiert sogar ein Video, in dem das Tier versucht, direkt in ein Boot zu klettern. Es ist generell nichts Neues, dass sich vereinzelte Bewohner aus der Arktis in südliche Gefilde verirren.
Der Klimawandel könnte jedoch dafür verantwortlich sein, dass in Zukunft größere Wanderbewegungen entstehen.
Weitere Beobachtungen bestätigen, dass sich Eisbären vermehrt nach Russland und Kanada verirren, um in Dörfern nach Nahrung zu suchen. Walrossen mangelt es hingegen an Ruheplätzen. Sie entspannen sich dicht an dicht auf Felsen oder versterben infolge von Massenpaniken, die durch Störungen ausgelöst werden. Gefährdungspotential bergen ebenfalls die Ölförderung und verstärkte Schifffahrt in der Arktis.
Handlungsbedarf durch Tierforscher
Dieses Ereignis führt Tierforschern übrigens ebenfalls vor Augen, wie wenig eigentlich über das Walross bekannt ist. In Zusammenarbeit mit Russland riefen Wissenschaftler der Tiho Hannover deshalb ein Projekt zur Erforschung von Meeressäugern ins Leben.
Für gewöhnlich halten sich Walrosse auf Eisschollen auf, sind aufgrund der Erwärmung arktischer Gewässer jedoch zunehmend Mangelware. Der Lebensraum der Meerestiere scheint dahinzuschmelzen.