Natur

Kaum Leben auf Point Nemo: Der abgelegenste Ort weltweit

Point NemoKaum Leben auf Point Nemo: Der abgelegenste Ort weltweit - Foto: © Shawn Hempel #482272069 - stock.adobe.com

Am Point Nemo sind Menschen stärker von der Außenwelt abgeschottet als an jedem anderen Ort. Noch nicht einmal Mikroorganismen fühlen sich dort wohl. Ein Deutscher berichtet über seine Erfahrungen.

Auf den ersten Blick eher unwahrscheinlich

Wer den Point Nemo nur zufällig kreuzt, wird den Ort wahrscheinlich gar nicht bemerken. Doch diese zufälligen Begegnungen sind ohnehin eher selten, da der Point Nemo der entlegenste Ort weltweit ist.

Mittlerweile trägt das geheimnisvolle Fleckchen Erde sogar den Beinamen als „Pol der Unzugänglichkeit“.

Das dominierende Element ist Wasser.

Eine große Wasserwüste

Der im südlichen Pazifik gelegene Ort gleicht einer riesigen Wasserwüste. Weltweit gibt es keinen anderen Ort, der in alle Richtungen weiter vom Festland entfernt ist. Um vom Point Nemo aus zum nächsten Festland zu gelangen, müssten Reisende mindestens 2.688 Kilometer hinter sich lassen. Eine beträchtliche Distanz.

Eine große Wasserwüste
Der im südlichen Pazifik gelegene Ort gleicht einer riesigen Wasserwüste – Foto: © Mathias Weil #192618518 – stock.adobe.com

Irgendwo im Nirgendwo – zwischen Chile und Neuseeland

Der Point Nemo ist zwischen Chile und Neuseeland zu Hause.

Das rund 2.688 Kilometer entfernte nächste Festland ist das polynesische Ducie-Atoll im nördlichen Teil des Point Nemo.

Im Nordosten befindet sich das Motu Nui, eine Nebeninsel der Osterinseln. Im südlichen Teil des Point Nemo ist die Maher-Insel vor der Küstenregion der Antarktis gelegen.

Point Nemo auf der Karte
Der Point Nemo ist zwischen Chile und Neuseeland zu Hause – Foto: © Dimitrios #685379725 – stock.adobe.com

Inspiriert durch Kapitän Nemo

Die Bedeutung des Point Nemo ist eng mit dem Streben von Hrvoje Lukatela verbunden. Der kanadisch-kroatische Vermessungsingenieur berechnete den Punkt schon in den 1990er Jahren mithilfe eines speziellen Computerprogramms.

Der Ingenieur nahm nicht nur Inseln oder Kontinente, sondern auch unbewohnte Felsen unter die Lupe. Namentlich erinnert der Ort an Kapitän Nemo, die Hauptfigur aus Jule Vernes Roman „20.000 Meilen unter dem Meer“. In Romanen des französischen Schriftstellers spielt Kapitän Nemo immer wieder eine tragende Rolle. In den Romanen begeben sich Leser auf gemeinsame Abenteuerreise mit dem Kapitän des U-Boots Nautilus, der die Weltmeere erobert.

Abgelegen und einsam zugleich

Der verborgene Ort ist abgelegen und einsam zugleich. Denn am Point Nemo gibt es so gut wie kein Leben. Für die schlechten Bedingungen ist einerseits die Meeresströmung verantwortlich.

Andererseits sind die klimatischen Umstände so schlecht, dass der Wind nur wenige Nährstoffe vom Land zum Point Nemo befördert.

Problematisch ist ebenfalls der Südpazifik-Wirbel, der im Norden des Point Nemo rotiert. Die sich im Ozean bewegte kreisförmige Strömung verhindert, dass nährstoffreiches Wasser zu dem Ort gelangen kann. Das Phänomen ist vielen Forschern schon seit längerer Zeit bekannt. Einst betitelte Meeresforscher Steven D’Hont den Point Nemo als „biologisch inaktivsten Ort der gesamten Ozeane“.

Point Nemo abgelegen und einsam zugleich
Der verborgene Ort ist abgelegen und einsam zugleich – Foto: © peangdao #236122432 – stock.adobe.com

Weitgehend unerforscht

Nur wenige Menschen trauten sich bislang überhaupt an diesen Ort. Eine Ausnahme ist jedoch der deutsche Langstreckensegler Boris Herrmann, der im Nachhinein von seinen Impressionen berichtete. Seinen Ausführungen zufolge waren Touren- und Regattasegler sogar die einzigen Lebewesen, auf die er am Point Nemo traf. Und auch diese Segler schauen nur alle vier Jahre im Rahmen der Vendée Globe an dem verborgenen Ort vorbei.

Der Point Nemo ist so verlassen und lebensunfreundlich, dass vor Ort noch nicht einmal Algen, Plankton oder andere Mikroorganismen auffindbar sind.

Die Tierwelt scheint am Point Nemo überhaupt nicht zu existieren. Doch dadurch ist die Wasserqualität in der Region besonders gut, insbesondere in nördlichen Gefilden. Wie der Langstreckensegler berichtet, ist das Wasser glasklar. An keinem anderen Ort in den Ozeanen sei das Wasser so durchscheinend blau, so Herrmann.

Heute ein Raumschiff-Friedhof

Doch gerade weil das Gebiet so unbelebt ist, kommt der Ort vorzugsweise als Raumschiff-Friedhof zum Einsatz. In der Region stürzen – natürlich unter kontrollierten Bedingungen – regelmäßig Raumfahrzeuge und Satelliten ins Meer.
Die Zahl ist beträchtlich. Mittlerweile sollen mehr als hundert Raumschiffe rund um den Point Nemo am Meeresboden liegen. Wer diesen Punkt aus nächster Nähe betrachten möchte, sollte auf dem Navigationsgerät die Daten „48 Grad, 52 Minuten Süd / 123 Grad und 23 Minuten West“ eingeben. An Bord sollten Ausflügler dann genügend Proviant haben – einschließlich der Unterstützung einer erfahrenen Schiffscrew.