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Zollfreigrenze für den Onlinehandel – zwischen Chance und Risiko

Zollfreigrenze für den OnlinehandelZollfreigrenze für den Onlinehandel - zwischen Chance und Risiko - Foto: © aerial-drone #416616550 - stock.adobe.com

Kaum ein Markt boomt so sehr wie der Onlinehandel. Laut einer Prognose wird davon ausgegangen, dass es im Jahr 2024 knapp 68,2 Millionen Online-Einkäufer in Deutschland gibt. Bereits im Jahr 2019 belief sich der Umsatz im gesamten E-Commerce auf 59,2 Milliarden Euro. Das Potenzial, im E-Commerce Geld zu verdienen, ist demnach groß. Verschiedene Geschäftsmodelle wie Amazon FBA, der eigene Shop im Internet oder Dropshipping gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Letzteres steht nun vor einer großen Herausforderung, denn bereits ab dem 1. Juli 2021 greift das neue Zollgesetz und stellt damit das typische Geschäftsmodell und Teile der Wirtschaft infrage.

Was sich im neuen Zollgesetz ändert und welche Auswirkungen dies auf den E-Commerce hat, wird in diesem Artikel genauer beleuchtet.

Zollfreigrenze – Das wird sich ändern

Bei der neuen Änderung der Zollfreigrenze geht es um die Einfuhrumsatzsteuer, kurz EUSt. Die Einfuhrumsatzsteuer, welche oft mit den Zollgebühren verwechselt wird, fällt auf alle Sendungen aus nicht EU-Ländern an – also auch aus China, dem beliebtesten Herstellungsland im Onlinehandel.
Die bisherige Regelung besagt, dass bei Sendungen, die aus Drittländern wie beispielsweise China bis zu einem Warenwert von 22 Euro keine Einfuhrumsatzsteuer (19%) fällig wird. Hierzu kommt, dass aktuell vom Zoll erst eine Steuer fällig wird, wenn der Betrag der Versteuerung 5 Euro beträgt. Dies ist bei genau 26,32 Euro der Fall (26,32 Euro: 26,32 Euro x 0,19 (Steuern) = 5,0008 Euro).

Ab dem 1. Juli 2021 sind Waren, die einen Wert von unter 22 Euro besitzen, nicht mehr wie bisher von der Einfuhrumsatzsteuer befreit.

Zollfreigrenze
Bei der neuen Änderung der Zollfreigrenze geht es um die Einfuhrumsatzsteuer, kurz EUSt – Foto: © interstid #213647350 – stock.adobe.com

Demnach wird auch auf Kleinsendungen mit einem geringen Wert die Einfuhrumsatzsteuer von 19% erhoben. Hier ein kleines Beispiel:

Bisherige Regelung:
Warenwert: 8 €
Versand: 2 €
Gesamtwarenwert: 10 €
Einfuhrumsatzsteuer: –

Ab dem 1. Juli 2021:
Warenwert: 8 €
Versand: 2 €
Gesamtwarenwert 10 €
Einfuhrumsatzsteuer: 10€ zzgl. 19% EUst. = 11,90€

Das bisherige System sei anfällig für massenhaften Betrug und Missbrauch gewesen und hätte zudem zu beträchtlichen Wettbewerbsverzerrungen geführt, heißt es in einer Mitteilung der EU-Kommission.
Mit dem neuen System werden Ware aus Drittländern demnach bereits ab dem ersten Cent um 19% teurer. Diese Regelung hat nicht nur Auswirkungen auf den Privatkäufer, der beispielsweise Waren aus Drittländern kauft, sondern vor allem Folgen für den Onlinehandel von Unternehmen.

Zollfreigrenze und die Folgen für den Onlinehandel

Zunächst gilt es sich anzuschauen, welche Online-Geschäftsmodelle von dieser Gesetzesänderung betroffen sind. Herangezogen werden für diese Betrachtung die drei größten Vertriebsmodelle Amazon FBA, der eigene Onlineshop und das Dropshipping.

Die beiden Geschäftsmodelle Amazon FBA, kurz für Fullilment by Amazon (Versand durch Amazon) und der eigene Onlineshop sind sich hierbei recht ähnlich. Bei beiden werden physische Produkte in großen Mengen eingekauft und anschließend über einen Vertriebskanal Kunden zum Kauf angeboten. Wie der Name schon sagt, ist es beim eigenen Onlineshop eine selbst erstellte Shop-Webseite. Bei Amazon FBA werden die Produkte über die Plattform des Onlineriesen Amazon den Kunden zum Kauf angeboten. Amazon FBA hat den großen Vorteil, dass man als Seller sich nicht aktiv um den Versand der Produkte und die Kundenakquise kümmern muss, da bereits Millionen von Kunden ihr Vertrauen der Plattform schenken.

Zollfreigrenze und die Folgen für den Onlinehandel
Zollfreigrenze und die Folgen für den Onlinehandel – Foto: © NaMaKuKi #272495873 – stock.adobe.com

Was sowohl der Onlineshop als auch Amazon FBA allerdings gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass zunächst eine Vielzahl von Produkten in der Regel ab 300, zunächst eingekauft werden. Geschieht dies in Drittländern, ist der Warenwert immer über der Steuerfreigrenze von 22€, weshalb sich für diese Geschäftsmodelle mit der Abschaffung der Zollfreigrenze nichts ändert.

Anders als bei anderen Formen des Onlinehandels muss man sich als Händler beim Dropshipping nicht um die Vorfinanzierung, die Lagerung und den Versand der Waren kümmern.

Produkte werden nur auf Bestellung bei einem Großhändler eingekauft und an den Kunden gesendet. Produkte werden hierbei auch über einen eigenen Onlineshop vertrieben. Allerdings besitzt der Händler die angebotene Ware nicht. Kauft ein Kunde beispielsweise ein Produkt im Onlineshop, leitet der Seller die Bestellung an seinen Dropshipping Anbieter zumeist sitzend in China weiter, welcher das Produkt anschließend an den Kunden schickt.
Durch einen geringen Einkaufspreis und einem angemessenen Verkaufspreis können so nach Abzug aller Kosten Gewinne erwirtschaftet werden. Hier wird nun die Zollfreigrenze zu einem Problem, da nicht wie beiden anderen Modellen eine Großbestellung in die EU eingeführt wird, sondern bei jeder neuen Kundenbestellung ein einzelnes Paket verschickt wird. Dessen Einkaufswert liegt bei typischen Dropshipping Produkten zumeist deutlich unter den 22 €. Demnach werden ab dem 1. Juli 2021, Waren die, aus Drittländern stammen, einen um die 19% höheren Einkaufswert haben. Neben den steigenden Kosten für die Einfuhr steigt im gleichen Zug auch der Aufwand der Zollabfertigung was, ein weiterer Nachteil dieses Geschäftsmodells werden wird.

Fazit

Für die Geschäftsmodelle des eigenen Onlineshops und Amazon FBA hat die Änderung der Zollfreigrenze keine großen Auswirkungen, da Einfuhrwerte immer über der Freigrenze von 22 € liegen. Das klassische AliExpress-Dropshipping aus China hingegen wird sich großen Veränderungen stellen müssen. Die Verzollung jeder einzelnen Bestellung erhöht nicht nur den strategischen Aufwand, sondern bringt auch verzögerte Lieferzeiten und um 19% erhörte Kosten mit sich.
Dropshipping Seller sollten sich überlegen, auf ein Geschäftsmodell mit mehr Nachhaltigkeit umzusteigen oder nach rar gesäten Herstellern in Europa Ausschau zu halten.