Evolutionär betrachtet sind farbenfrohe und schöne Blüten in erster Linie nicht dazu da, um von Menschen bewundert zu werden oder zu gefallen. Die Blüten sollen in erster Linie Insekten magisch anziehen. Nehmen Insekten wie Bienen auf den Blüten Platz, erhalten die kleinen Tiere energiereiche Nektar und Pollen. Für die Pflanze ist es hingegen von Vorteil, dass die Insekten deren Pollen zu anderen Pflanzen weitertragen.
Inhaltsverzeichnis
Neue Erkenntnisse
Laut Forschungen von Wissenschaftlern sind etwa 80 Prozent aller Pflanzen von bestäubenden Insekten abhängig, um sich fortpflanzen zu können.
Doch die Anzahl an Insekten sinkt stetig. Deshalb versuchen immer mehr Pflanzen, sich selbst zu bestäuben.
Diese Entwicklung wies ein Forschungsteam aus Frankreich nun beispielsweise am Acker-Stiefmütterchen nach.
Veränderte Blüten von Stiefmütterchen
Zu dem Zweck nahmen Forscher vier unterschiedliche Populationen an Stiefmütterchen in landwirtschaftlich dominierten Landstrichen unter die Lupe. Die Wissenschaftler kultivierten zwischen 20 und 30 Jahre alte Samen an Stiefmütterchen, die allesamt aus den gleichen Regionen stammten. Unterschiede zwischen kultivierten und wild wachsenden Gewächsen waren zwar gering. Dennoch unterschied sich die Blüte.
Die Forscher kamen zu der Erkenntnis, dass Blüten heutiger Stiefmütterchen etwa zehn Prozent kleiner waren und im Gegenzug rund 20 Prozent weniger Nektar als ältere Gewächse hatten. Außerdem wurden die Blüten nur seltener durch Insekten angeflogen.
Anpassungen an neue Umweltbedingungen
Diese in der Fachzeitschrift „New Phytologist“ publizierte Studie zeige nach Ansicht der Autoren auf, dass sich Pflanzen binnen kurzer Zeit an neue Umweltbedingungen anpassen.
Ihrer Meinung nach erhöhte sich der Anteil an Selbstbestäubern während der vergangenen 20 Jahre um etwa ein Viertel.
Erhebliche Risiken
Die Anpassung der Pflanzen ist jedoch auch mit erheblichen Risiken verbunden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Selbstbestäubung der Pflanzen dazu führt, sich zukünftig schwerer an Umweltbedingungen anzupassen.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass evolutionäre Entwicklungen die natürliche Auslese außer Kraft setzen. Weil Insekten dadurch weniger Nahrung zur Verfügung steht, könnte der Insektenschwund noch weiter voranschreiten.
Eine Symbiose
Über Millionen an Jahren hinweg gingen Pflanzen und ihre Bestäuber eine optimal aufeinander abgestimmte Symbiose ein. Passen sich Blütenpflanzen stärker an ihr insektenarmes Umfeld an, könnte die Entwicklung eine dramatische Wende nehmen. Weitere negative Kaskadeneffekte könnten sich einstellen, indem beispielsweise viele Vogelarten auf Insekten als Nahrung angewiesen sind.
Immer weniger Insektenpopulationen
Es ist bereits seit längerer Zeit bekannt, dass Insektenpopulationen immer mehr abnehmen. Vor einigen Jahren zeigten versierte Krefelder Insektenkundler im Rahmen einer Studie auf, dass sich die sogenannte Insekten-Biomasse seit 1989 sogar in Schutzgebieten um über 75 Prozent reduzierte. Diese Tendenz zeichnet sich nicht nur hierzulande ab. Weltweit geht der Anteil an Insekten zurück. Außerdem ist schon seit längerer Zeit bekannt, dass Pflanzen binnen kurzer Zeit auf neue Umweltbedingungen reagieren.
Ein Beispiel ist der seit rund 200 Jahren auf Costa Rica gedeihende Fingerhut, dessen Blüten sich in ihrer Formgebung mittlerweile den Schnäbeln von Kolibris angepasst haben.
Grund zur Sorge
Für Forscher sind die aktuellen Erkenntnisse übrigens Grund zur Sorge. In ihren Augen müssten so schnell wie möglich Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um bewährte Wechselwirkungen zwischen Bestäubern und Pflanzen zu manifestieren.