Dauerhafter Erfolg im Handel mit Währungen ist jenen Tradern vorbehalten, die ein leistungsstarkes Handelssystem nutzen, das Ein- und Ausstiegssignale in ausreichender Qualität und Menge liefert. Um profitabel zu handeln, müssen Trader das Produkt zweier Relationen zu ihren Gunsten gestalten. Der Profitfaktor eines Handelssystems ergibt sich aus der Multiplikation der Payoff Ratio und der Trade Ratio. Die Payoff-Ratio bezeichnet das Verhältnis der durchschnittlichen Gewinne und Verluste, die Trade Ratio gibt Aufschluss über das Verhältnis von profitablen und nicht profitablen Trades.
Die Konzeption der einzelnen folgenden Kennzahlen führt dazu, dass bei einer idealtypischen, vollständigen Ausgeglichenheit der über ein Handelskonto ausgeführten Transaktionen die Payoff Ratio einen Wert von 1 annimmt. Ein Handelssystem kann so – zumindest theoretisch – auch dann profitabel sein, wenn einer der Werte einen beliebig kleinen Wert größer Null annimmt, sofern der andere Wert entsprechend groß ausfällt. Mit anderen Worten: Selbst wenn nur jede zehnte Position profitabel verläuft, kann ein Handelssystem Gewinne erwirtschaften, wenn der Profit der wenigen erfolgreichen Trades nur ausreichend groß ist.
- Payoff Ratio: durchschnittlicher Gewinn/ durchschnittlicher Verlust
- Trade Ratio: Anzahl Trades mit Profit/ Anzahl Trades mit Verlust
- Profitfaktor: Trade Ratio * Payoff Ratio
Bei der Konstruktion einer Handelssystematik sehen sich Trader einem Zielkonflikt ausgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, einen Trade mit Profit zu schließen, sinkt tendenziell, wenn der maximale Verlust je Position (und damit der durchschnittliche Verlust im Zeitverlauf bei einer größeren Anzahl Trades)eng begrenzt wird, da es bei einem nicht wie erwartet verlaufenden Handelsverlauf schnell zu einer Glattstellung der Position durch die Stopp-Loss-Order kommt.
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Nicht einfach auf Stopps verzichten!
Der Verzicht auf Stopps allerdings ist außerordentlich ungünstig: Von den vier Einflussfaktoren, die für den Erfolg einer Systematik verantwortlich zeichnen, ist der durchschnittliche Verlust der einzige, der vom Investor festgelegt werden kann: Wird die Stopp-Schwelle einer Position derart definiert, dass der Kursverlust sich auf nicht mehr als fünf Prozent belaufen darf, steht der maximale Verlust bereits fest. Werden Positionen im Verlust ausschließlich durch Stopps glattgestellt und beläuft sich die Differenz zwischen Einstiegskurs und Stopp Schwelle standardmäßig auf einen identischen Wert, legt der Investor auch den durchschnittlichen Verlust fest.
Ein (beispielhaftes) Handelssystem, das Signale generiert, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 45 Prozent zu einer Schließung der Position mit Profit führen und das im Durchschnitt zu Gewinnen erfolgreicher Trades in doppeltem prozentualen Umfang der durchschnittlichen (durch das Stopp definierten) Verluste bei nicht erfolgreichen Trades führt, ist profitabel. Der Profitfaktor beläuft sich hier auf einen Wert leicht oberhalb von 1,6.
Verlustperioden und Recovery Effekt
Die bisherigen Überlegungen allerdings sagen wenig aus und bedürfen einer Erweiterung um eine zeitliche Komponente. Der Profitfaktor gibt keinen Hinweis auf den Zeitraum, in dem das Handelssystem bzw. dessen Anwendung zu einem Kontozuwachs in Höhe von mehr als sechzig Prozent führen. Um die Vorteilhaftigkeit der Strategie einschätzen zu können, ist der erforderliche Anlagehorizont jedoch unerlässlich.
Auch die einfachen Ratios reichen nicht aus, um den Verlauf der Kapitalkurve eines mit einer bestimmten Strategie gehandelten Kontos plausibel zu prognostizieren. Der so genannte Recovery Effekt macht weitergehende Betrachtungen notwendig. Er beschreibt den mathematischen Zusammenhang zwischen abnehmenden und zunehmenden (Konto-)größen: Verliert ein Investor 20 Prozent, muss er im Anschluss 25 Prozent Profit erwirtschaften, um den alten Kontostand wieder herzustellen. Steuerliche Aspekte sowie Opportunitätskosten in Gestalt entgangener Zinsen sind dabei nicht berücksichtigt.
Um die Erfolgsaussichten und das Verlustrisiko einer Strategie einschätzen zu können, muss der Investor eine Vorstellung davon haben, wie die zeitliche Verteilung von Gewinnen und Verlusten ausfällt. Die einfache Ratio genügt nicht. Ein System, das sehr lange Verlustperioden produziert, ist dabei mit einem hohen Verlustrisiko verbunden: Im Anschluss an lange Phasen mit Verlusttrades lässt sich das verlorene Kapital möglicherweise nicht wieder durch Gewinne ersetzen.
Trefferquote und Verfassung des Marktes
Ganz wesentlichen Einfluss auf die Konstruktion einer Handelsstrategie hat deren Abhängigkeit von der jeweiligen Verfassung des Marktes, wobei diese in Hausse, Baisse und Seitwärtsphasen klassifiziert wird. Die Trefferquote einer Systematik kann sich je nach Konzeption dramatisch verändern, wenn sich die (übergeordnete) Marktrichtung verändert.
Die Kenntnis dieses Zusammenhangs kann genutzt werden, um einen Filter in das Handelssystem zu integrieren, der bestimmte Marktzustände erkennt und zu einem vorübergehenden Stop der Handelsaktivitäten führt. Trendfolgesysteme sind für derartige Filter ein bekanntes Beispiel. Sie Funktionieren gut in stabilen Trendphasen und generieren massenhaft Fehler in impulsarmen Märkten. Oft werden entsprechende Indikatoren, wie beispielsweise der ADX, eingesetzt, um die jeweils vorherrschende Trendphase zu identifizieren.
Der ADX ist eine Glättung des von Welles Wilder entwickelten Directional Movement Indikators und misst die Trendintensität eines Marktes. Die Grundlage der Berechnung stellt die Relation der Auf- und Abwärtsbewegungen eines Marktes dar. Der ADX wird vorwiegend als Filter für Trendfolgeindikatoren und Oszillatoren genutzt. Ein Wert des Indikators von mehr als 25 (gemessen an den Standardeinstellungen gängiger Börsensoftware) indiziert einen Trend, wobei der Indikatorwert nichts über dessen Richtung aussagt.
Beurteilung von Handelsstrategien und Backtesting
Hat ein Investor eine Strategie konzipiert und dem Backtesting unterzogen, stehen eine Reihe von Kennziffern zur Verfügung, deren richtige Interpretation für eine angemessene Beurteilung der Systematik von ganz wesentlicher Bedeutung ist. Das Backtesting sollte sich auf einen längeren Zeitraum beziehen, der unterschiedliche Trendphasen zumindest jeweils zweimal umfasst und so ein valides Bild über die Signalgenerierung liefert.
Die Gesamtperformance der Strategie sollte, auch wen dies auf den ersten Blick wenig plausibel erscheinen mag, eine untergeordnete Rolle bei der Kritik des Systems darstellen. Vielmehr sollte das Augenmerk sich zunächst auf das Risiko des Ansatzes richten: Der maximale Verluste pro Tag, Woche, Monat und Jahr sowie die Dauer der Verlustperioden und Phasen der abwärts gerichteten Kapitalkurve geben Aufschluss über das Risiko, das Investoren mit einer solchen Strategie übernehmen. Die bereits beschriebenen Kennzahlen, Payoff- und Trade-Ratio finden selbstverständlich als Schlüsselgrößen ebenfalls Beachtung.
Die Gewinne freilich sind im zweiten Schritt Gegenstand der Analyse: Auch hier sind die Dauer der längsten Profitserien, die Entwicklung der Kapitalkurve und andere statistische Größen zu beachten. Da die Gewinne einer Position anders als die Verluste der Höhe nach nicht begrenzt sind, ist bei der Gesamtperformance eines Handelssystems eine weitere Beobachtung von entscheidender Bedeutung:
Um die Zufallskomponente so gering wie möglich zu halten, sollte der Anteil der größten Gewinne am Gesamtprofit betrachtet werden, wobei auch die Anzahl der insgesamt vollzogenen Trades Berücksichtigung finden muss. Ziel der Überlegung muss dabei sein, festzustellen, ob die Gesamtperformance ganz wesentlich von einigen wenigen Trades (die sich als zufällige Erscheinung darstellen könnten) generiert wurde oder ob der Profit stetig erwirtschaftet worden ist, wobei letztere Variante selbstredend die bessere ist.
Nur wenn ein System als Ganzes durch eine möglichst stetige Wertentwicklung überzeugen kann, taugt es zum Einsatz in der Praxis. Dabei genügt eine gute Performance in bestimmten Trendzuständen, wenn diese durch den eingesetzten Filter zuverlässig klassifiziert werden können.
Chancen und Risiken richtig abwägen
Konnte eine Systematik valide profiliert werden, steht die Entscheidung über eine Anwendung auf dem Handelskonto im Raum. Dabei sollten dieselben Kriterien Anwendung finden, die auch bei Investmententscheidungen herangezogen werden. Das Verhältnis von Chancen und Risiken, gemessen an den empirisch ermittelten Renditen und der Schwankungsbreiten der durch die Handelssystematik generierten Kapitalkurve sollte dabei angemessen ausfallen und hohe „Volatilität“ durch entsprechende Überrenditen honorieren.
Im Rahmen von Überlegungen zur Portfoliooptimierung ist auch die Korrelation der Entwicklung des Handelskontos mit der anderer Assetklassen, wie Aktien, Renten oder Immobilien von Interesse. Soll das Trading einen Bestandteil eines breit aufgestellten Depots darstellen, sollte der Zusammenhang nicht allzu stark ausgeprägt sein. Idealerweise ermöglicht das System konstante Erträge unabhängig von der jeweiligen Marktlage. Der Forex-Handel ermöglicht derartige Konstellationen, da viele verschiedene Währungspaare zur Verfügung stehen und die Abhängigkeit von Aktien und Renten ohnehin gering ist, weshalb dem Handel mit Währungen aus Sicht vieler Experten zukünftig mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden wird.