Gesundheit

Nasensprays und ihre Suchtgefahr

Nasensprays und ihre SuchtgefahrNasensprays und ihre Suchtgefahr - Foto: © Anton #252964905 - stock.adobe.com

Viele Leute schütteln noch immer ungläubig den Kopf, wenn man bei der regen Verwendung von Nasenspray den Einwand bringt, dass ein solches Arzneimittel ein Suchtpotential birgt. Exakte Zahlen über die Anzahl der Abhängigen gibt es zwar nicht, denn Nasensprays sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich und kosten in der Regel kein Vermögen. Doch Schätzungen zufolge dürften mindestens 100.000, bis hin zu einer ganzen Million Menschen in Deutschland von der Sucht nach Nasenspray betroffen sein. Von der Dunkelziffer ganz zu schweigen. Die Verkaufszahlen bestätigen dies, denn durch Schnupfen oder Vorsorge lassen sich diese nicht begründen.
Pro Jahr werden 50 Millionen Sprays in den deutschen Apotheken verkauft, was bedeuten würde, dass fast jeder zweite Erwachsene ein solches Spray bei sich zuhause hält.

Was genau ist eine Nasenspray-Sucht und ab wann redet man von einer Sucht?

Vorweg muss man eines klarstellen: Nasenspray ist nicht gleich Nasenspray, denn es gibt Unterschiede. Wer ausschließlich Produkte mit Meersalz zu sich nimmt, der befeuchtet lediglich die Schleimhäute der Nase, was durch den Salzgehalt dafür sorgen soll, dass sich festsitzender Schleim lösen kann. Diese Produkte können nicht abhängig machen.

Bei abschwellenden Nasensprays ist hingegen größte Vorsicht geboten, sobald sie länger als sieben Tage im Gebrauch sind.

Die enthaltenen Wirkstoffe Xylometazolin oder Oxymetazolin sorgen dafür, dass die Blutgefäße enger werden und somit die Schleimhäute der Nase abschwellen. Patienten mit verstopfter Nase spüren dadurch in Windeseile Erleichterung. Das Schlechte ist jedoch, dass die Wirkung mit der Zeit nachlässt und die Schleimhäute in der Folge wieder anschwellen. Der Griff zum Spray ist deshalb vorprogrammiert. Bereits nach einer Woche regelmäßiger Anwendung gewöhnen sich die Schleimhäute an den Effekt des Sprays und schwellen sogar zunehmend stärker an.
Betroffene bekommen dadurch ein zwanghaftes Verlangen nach dem Spray, denn etwas anderes schafft auf die Schnelle keine Abhilfe.

Nasenspray
Bei abschwellenden Nasensprays ist größte Vorsicht geboten, sobald sie länger als sieben Tage im Gebrauch sind | stock.adobe – © Afshar Tetyana #207788673

Ist letzteres eingetreten, so kann man schon von einer Abhängigkeit, also einer Sucht, reden. Weitere Anhaltspunkte für eine Sucht sind die folgenden: eine konstante Einnahme des Arzneimittels für mehr als eine Woche, eine nur noch kurz anhaltende Wirkung des Sprays mit anschließender Luftknappheit, die regelmäßige Anwendung vor dem Zubettgehen, das bedrängende Gefühl, ohne Spray nicht mehr aus dem Haus zu können, vermehrte Erkrankungen und sogar Nasenbluten oder ein übler Geruch in der Nase.

Mit welchen Folgen muss man als Betroffener rechnen?

Mit der Sucht nach Nasenspray ist nicht zu spaßen, denn sie kann schlimme und gefährliche Folgen mit sich bringen, sowohl körperlich als auch seelisch. Die Wirkstoffe, die aus chemischen Inhaltsstoffen bestehen, reizen die Nasenschleimhäute nach regelmäßiger Anwendung dermaßen, dass die Schleimhäute nicht nur austrocknen, sondern mit der Zeit auch zu bluten beginnen. Des Weiteren kann durch die Trockenheit der Schleimhäute nicht mehr die ursprüngliche Abwehrfunktion erfüllt werden.
Im Normalfall agieren die Härchen in der Nase gemeinsam mit der Schleimhaut wie ein Schutzschild gegen Krankheitserreger – dieses funktioniert in der Regel auch einwandfrei. Durch die häufige Anwendung von Nasenspray ist dieser Abwehrmechanismus jedoch erheblich in seiner Funktionsweise gestört, sodass Krankheitserreger erst recht in den Organismus eindringen können. Betroffene werden dadurch erst recht häufiger krank, weshalb sie noch öfter zum Nasenspray greifen. Ein Teufelskreis entsteht.

Zusätzlich können sich mit der Zeit Bakterien im geschädigten Schleimhaut-Gewebe ausbreiten und faulige Substanzen absondern.

Diese verströmen sodann einen ekligen Geruch, was für das Umfeld oft als unerträglich beschrieben wird, während es die Betroffenen selbst kaum riechen. Die Sucht hat auch Auswirkungen auf die Psyche des Menschen, denn Abhängige bekommen teilweise sogar das Gefühl, an frischer Luft ersticken zu müssen. Dies kann Panikattacken hervorrufen und setzt den Körper dauerhaft unter Stress, was wiederum Depressionen und weitere psychische Erkrankungen begünstigt.

Folgen von Nasensprays
Durch die Trockenheit der Schleimhäute kann nicht mehr die ursprüngliche Abwehrfunktion erfüllt werden | stock.adobe – © Rido #274863185

Wie kann man die Sucht in den Griff bekommen?

Wer dem Nasenspray zum Opfer gefallen ist, sollte sich schnellstmöglich um die Entwöhnung kümmern. Mit den folgenden Tipps kann es gelingen:

  1. Wer das Spray noch nicht all zu lange verwendet, kann zur radikalen Methode greifen: Der kalte Entzug. Dabei wird sämtliches Nasenspray entsorgt und der Drang zum Spray versucht, zu unterdrücken. Es ist also eine Menge Willenskraft gefragt. Für gewöhnlich ist damit zu rechnen, dass die Nase für zwei bis drei Wochen verstopft sein wird, doch spätestens danach sollte es bergauf gehen. Salben mit Bepanthol oder Kräuter- bzw. Meerwasser-Inhalationen können den Entzug erleichtern. Auch Pflegesprays mit Hyaluron helfen bei der Regeneration der Schleimhäute.
  2. Wer sich den radikalen Weg nicht zutraut, kann es auch durch ein langsames Ausschleichen versuchen. Der Konsum von Nasenspray wird langsam aber kontinuierlich reduziert, bis der Betroffene irgendwann kein Verlangen mehr danach hat. Am besten gelingt dies, wenn man ein halbleeres Fläschchen mit einem Meerwasser-Spray auffüllt, sodass die chemische Dosis stetig reduziert wird. Jedes Mal, wenn das Fläschchen erneut zur Hälfte leer ist, wird die andere Hälfte mit Meerwasser aufgefüllt. Dadurch lernt die Nase, mit immer weniger konzentriertem Spray auszukommen.
  3. Klingt komisch, kann aber helfen: Die Ein-Loch-Methode konnte bisher ebenfalls zum Erfolg verhelfen. Statt in beide Nasenlöcher wird künftig nur noch in eines gesprüht. Mit der Zeit sollte sich das Gefühl einstellen, dass man durch das nicht behandelte Nasenspray wieder atmen kann. Ab dann sollte auch das zweite Nasenloch nicht mehr behandelt werden.

Wer alleine nicht klar kommt und bereits heftige körperliche Folgen durch die Sucht feststellen musste, sollte die Entwöhnung unter ärztlicher Aufsicht beginnen. Der Arzt kann hierzu ein Kortison haltiges Nasenspray verschreiben, welches den Aufbau der Nasenschleimhaut unterstützt, hingegen aber nicht süchtig macht.
In gravierenden Fällen kann auch eine Operation notwendig sein, beispielsweise dann, wenn die Nasenmuscheln vergrößert sind oder die Nasenscheidewand löchrig ist. Auch eine Lasertherapie kann helfen, um die Schwellkörper zu verkleinern.